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TikTok verstößt gegen EU-Digitalgesetz: EU-Kommission leitet Verfahren wegen intransparenter Werbung ein


Brüssel verschärft den Ton – das chinesische soziale Netzwerk TikTok gerät wegen möglicher Verstöße gegen das EU-Digitalgesetz DSA erneut unter Druck.
Die Europäische Kommission hat am Mittwoch eine vorläufige Bewertung veröffentlicht, wonach TikTok gegen mehrere Kernvorgaben des Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) verstoßen haben soll – insbesondere im Hinblick auf intransparente Werbepraktiken.

Mangelnde Transparenz bei Werbeinhalten

Konkret wirft die EU-Kommission TikTok vor, Nutzerinnen und Nutzern nicht ausreichend Informationen über beworbene Inhalte zur Verfügung zu stellen. Werbung, so verlangt es der DSA, muss klar als solche gekennzeichnet und ihre Auftraggeber müssen erkennbar sein. Diese Transparenzpflichten sollen Konsumentenschutz, Medienkompetenz und demokratische Informationsräume stärken – doch TikTok erfüllt sie laut EU-Kommission nicht in ausreichendem Maße.

Versteckte Werbung untergräbt Vertrauen“, heißt es in der Mitteilung aus Brüssel. Nutzerinnen und Nutzer würden demnach oft nicht erkennen, ob es sich bei einem Clip um regulären Inhalt oder um bezahlte Werbung handelt – ein Verstoß, der gravierende Konsequenzen haben kann. Sollte sich der Verdacht bestätigen, drohen TikTok empfindliche Geldstrafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.

Ein Präzedenzfall für digitale Plattformen

Mit dem Digital Services Act, der seit Februar 2024 für besonders große Plattformen gilt, will die EU einen fairen und sicheren digitalen Raum schaffen. TikTok zählt als sogenannte „Very Large Online Platform“ (VLOP) zu den ersten Unternehmen, die sich den neuen Regeln unterwerfen müssen. Bereits in der Vergangenheit hatte Brüssel TikTok ins Visier genommen – etwa wegen mangelnder Jugendschutzmechanismen und algorithmischer Intransparenz.

DSA als digitaler Ordnungsrahmen Europas

Der DSA verpflichtet Plattformen unter anderem dazu:

  • Inhalte mit kommerzieller Intention klar zu kennzeichnen,

  • systematische Risiken wie Desinformation oder exzessive Suchtmechanismen zu analysieren und einzudämmen,

  • Nutzerdaten transparent zu behandeln.

TikToks Werbesystem aber scheint diese Anforderungen zu umgehen. Laut der EU fehlen etwa Angaben darüber, ob ein Video durch Bezahlung prominenter platziert wurde oder welche Zielgruppen konkret angesprochen werden sollen.

Stellungnahme von TikTok steht noch aus

TikTok selbst hat sich zu den aktuellen Vorwürfen bislang nicht öffentlich geäußert. In früheren Fällen hatte das Unternehmen stets betont, man kooperiere mit den europäischen Behörden und arbeite an Verbesserungen. Ob diese Haltung ausreicht, wird sich nun zeigen: Die Kommission hat ein förmliches Verfahren eingeleitet, das – je nach Ergebnis – zu Auflagen, Anpassungsfristen oder Strafzahlungen führen kann.


Analyse: Was die DSA-Ermittlungen gegen TikTok für Europas Digitalpolitik bedeuten

Wirtschaftliche Auswirkungen und regulatorische Signale

Das Verfahren gegen TikTok hat Signalwirkung für die gesamte Plattformökonomie. Es verdeutlicht, dass die EU gewillt ist, ihre neuen Digitalgesetze mit Nachdruck durchzusetzen. Gerade für werbefinanzierte Plattformen bedeutet das potenziell erhebliche operative und finanzielle Anpassungen – sowohl in der technischen Infrastruktur als auch in der inhaltlichen Gestaltung.

Chancen: Stärkung von Nutzerrechten und Medienkompetenz

Ein konsequentes Vorgehen gegen intransparente Werbung fördert langfristig das Vertrauen in digitale Plattformen. Nutzer könnten sich darauf verlassen, Werbung klar erkennen und einordnen zu können – ein wichtiger Schritt zur Eindämmung manipulativer Inhalte und zur Verbesserung der Medienkompetenz junger Zielgruppen, die TikTok besonders stark nutzen.

Risiken: Fragmentierung und Wettbewerbsnachteile

Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass überregulierte Plattformen Innovationen scheuen oder sich aus dem europäischen Markt zurückziehen. Auch kleinere Anbieter könnten durch die komplexen Auflagen benachteiligt werden. Entscheidend wird sein, wie gleichmäßig und nachvollziehbar die Regeln angewendet werden – und ob sie technologisch praktikabel umsetzbar sind.

Mögliche Szenarien: Anpassung oder Eskalation

Denkbar ist, dass TikTok kurzfristig nachbessert und seine Werbemechanismen an die DSA-Vorgaben anpasst – inklusive transparenter Kennzeichnung und besserer Nutzerinformationen. Sollte das Unternehmen jedoch auf Konfrontation setzen oder strukturell nicht in der Lage sein, die Regeln umzusetzen, könnten harte Sanktionen folgen – bis hin zu Einschränkungen der Plattform in Europa.

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